Ich denke da an meine Kindheit. Wenn der Vater uns Kindern die Schuhe zu sehr geschnürt hatte, ging meine Schwester weinend zur Mutter. Sie löste den Knoten. Und wir Buben mühten uns, ärgerten uns, bis auch wir zur Mutter gingen! Ich glaube, ich brauche nicht viel über die Knoten zu sagen. Das Leben kennt sie reihenweise: Schwächen des Körpers, aber noch mehr des Geistes. Herz und Gemüt wollen frei sein, sind es aber oft nicht. Ich denke nur an das Verzeihen in der Ehe, das Stehen im Glauben, die Liebe in tausend Formen gelebt. Wie schwer tun wir uns darin, wie sind wir «verknotet». Wenn wir das aufliegende Buch mit den vielen Bitten an Maria lesen, dann entdecken wir die tausend Knoten, die das Leben uns schnürt. Kinder, Frauen und Männer, ältere Menschen kommen daher täglich in die Kapelle. Von nah und fern – aus der Ostschweiz, Liechtenstein, Vorarlberg, ja aus Übersee – finden sie sich ein. Und schon jetzt bezeugen Wallfahrer und Wallfahrerinnen, dass ihnen dicke Knoten gelöst wurden, ja, einzelne sprechen sogar von Wundern, weil sie keine Hoffnung mehr hatten, selber die Knoten zu lösen. Als Dank und Bitte zünden sie Kerzen an.
Im Jahre 2002 etwa 30 000. Oder spenden eine Gabe.
Ein ansehnlicher Betrag kann jedes Jahr als Knotenlöser in sozial ärmeren Ländern verwendet werden: da ist in Bolivien eine Sehschule zu unterstützen, in Rumänien ein Kinderheim …
Maria im Riet, Ort der Stille und Ruhe. Dazu tragen nach meinem Empfinden auch die Votivbilder vom Altstätter Kunstmaler Josef Ebnöther bei. Auf zehn Tafeln, die an den Wänden angebracht sind, nimmt er Begegnungen aus der Mariengeschichte und ihrem Wirken an uns Menschen zum Anlass. Wir begegnen ihr als Herzensmutter, Ort der Geborgenheit, als Wegbereiterin …
Maria im Riet, eine Kapelle, schön, schlicht und ergreifend im Ambiente. Das empfinden so manche, wenn sie den heiligen Ort verlassen, vielleicht draussen stehen und den Blick schweifen lassen über die Felder zu den Bergen. Sie wagen, das Leben neu anzupacken, denn eine starke Frau begleitet sie.
Gott lässt sich bei Menschen nieder, die schlicht, ohne viel Worte für ihn offen sind – auch in feuchtfröhlichen Stunden!
Pater Reinhard Mattle